Miteinander auf Augenhöhe – Ein Team für gesellschaftliche Vielfalt

Wertschätzende und ehrliche Kommunikation, engagierte Menschen: Das Alles braucht eine Zivilgesellschaft vor Ort, wenn sie gelingen soll. Das Bergkamen for all-Team brachte unterschiedliche Akteure zusammen und legte so den Grundstein für eine Erfolgsstory.

Am 9. Mai 2019 kam das Bergkamen for all-Team erstmals im Rathaus Bergkamen zusammen. Damals noch als sogenannte Steuerungsgruppe. 30 Menschen trafen sich mit dem Ziel, ein Integrationsmanagement zu etablieren, das langfristig funktioniert. Den wenigsten war zum damaligen Zeitpunkt bewusst, dass sie sich langfristig beteiligen und viele spannende Projekte entwickeln würden. Und doch lag von Beginn an ein Zauber in der Luft, der einer Aufbruchsstimmung gleichkam. Lust, Freude, Motivation und Hoffnung, etwas bewegen zu können, was noch lange in Erinnerung bleibt. Und genauso sollte es kommen.

Mehr als Integration

Das erste Treffen hielt einiges bereit, was die Gruppe zukünftig immer wieder beschäftigen würde: gemeinsam nach guten Lösungen suchen und Akteure finden, die sich aktiv beteiligen, um ein erfolgreiches Integrationsmanagement auf die Beine zu stellen. Zunächst wurde aufgelistet, welche Akteure sich in Bergkamen bereits der Integration widmen und welche Perspektiven berücksichtigt werden sollten. Hierfür wurden Interviewpartner:innen zu unterschiedlichen Aspekten der Integration, dessen Gelingensfaktoren und Rahmenbedingungen befragt. Jedes Interview startete dabei mit der Frage, was die interviewten Personen unter Integration verstehen. Bei 50 Befragten kann hier nur erahnt werden, welche unterschiedlichen Definitionen gesammelt wurden und wie weit der Integrationsbegriff gefasst wurde.

Das Bergkamen for all-Team benannte nicht nur die Interviewten, sondern sichtete und diskutierte auch die Ergebnisse und beriet über die nächsten Schritte, die aus den Ergebnissen resultierten. Vor allem der Integrationsbegriff machte sichtbar, dass auch das Team selbst unterschiedliche Verständnisse von Integration hatte. Dennoch waren sich alle in einer Sache einig: Eigentlich geht es um mehr als Integration. Dieses Mehr wiederum haben vor allem die Interviewten durch ihre Aussagen, ihre Visionen, Ideen und Ansätze sichtbar gemacht. So formte sich Stück für Stück ein breites Bild der Integration und dessen Verständnis davon innerhalb des Teams, nämlich, dass es eigentlich allen um das Miteinander und die gesellschaftliche Vielfalt geht.

Raum schaffen für persönliche Erlebnisse

Ein wichtiger Aspekt für den späteres Erfolg des Teams war, dass die Mitglieder immer gemeinschaftlich nach Lösungen suchten, sich zuhörten und einander unbedingt verstehen wollten. Dadurch wurde ein Raum geschaffen, in dem persönlich Erlebtes geteilt werden konnte und Rassismus sowie Diskriminierungserfahrungen sichtbar wurden. Besonders ist hierbei nach wie vor der Umgang mit diesen Erfahrungen im Bergkamen for all-Team: Erzählungen und Inhalte wurden nicht einfach abgenickt und nur von einigen wenigen kommentiert. Das Bergkamen for all-Team hat sich viel Zeit für all die Zwischentöne genommen, sich auf einen Suchprozess eingelassen und immer mehr Details gesammelt, um herauszufinden, welche größeren Ziele das Integrationsmanagement haben könnte. Und diese Ziele wurde gefunden:

  • Eine aktive Beteiligung der gesamten
    Stadtgesellschaft
  • Ein Zusammenleben auf Augenhöhe
  • Ein Miteinander, in dem Vielfalt geschätzt wird
    und Erfahrungsreichtum sichtbar wird

 Kurzum: ein lebendiges, wertschätzendes, dialogorientiertes Miteinander aller. Unabhängig vom Alter, dem eigenen Hintergrund, den eigenen Erfahrungen, Werten und Ansichten. Es sollten wirklich Alle beteiligt werden. Die einzige Einschränkung: Es geschieht auf Basis des demokratischen Miteinanders. Da diese großen Ziele mit dem Begriff der Integration bzw. des Integrationsmanagements zu kurz gegriffen wären, bildete sich Stück für Stück das heraus, was nun Bergkamen for all heißt.

Alle sollen erreicht werden. Aber wer sind „alle“?

Ausgehend von der Frage, „Ist es eigentlich (nur) Integration oder doch viel mehr?“ entwickelte die damalige Steuerungsgruppe eine Matrix, deren Grundfrage lautete: „Wenn es das Ziel ist, alle zu erreichen, wer sind dann diese alle.“ Die Gruppe beantwortete die Frage folgendermaßen: „Alle“ sind unter anderem Hauptamtliche, Ehrenamtliche, die Stadtgesellschaft, die Nachbarschaften, der Nachwuchs in den Vereinen, Personen, die nicht in Migrantenselbstorganisationen oder Moscheegemeinden aktiv sind und viele weitere. Da die Liste zum einen noch weitergeführt werden könnte und andererseits nicht beschreibt, wer fokussiert werden sollte, teilte die Gruppe „Alle“ in drei Arten der Erreichbarkeit (je weiter oben die Gruppe steht, desto höher ist die Erreichbarkeit). Siehe Abb. 1.

Mithilfe dieser Grafik wurde dann geschaut, wer in den Fokus rücken soll. Im Gespräch einigte man sich darauf, dass ein Fokus in der weiteren Zusammenarbeit künftig auf den Zielgruppen liegen sollte, die bisher wenig erreicht wurden, damit auch diese Gruppen den Mehrwert einer vielfältigen Gesellschaft sehen, anerkennen und aktiv fördern. Diejenigen mit denen gestartet werden sollte, sind in der Grafik fett gedruckt.

Im nächsten Schritt wurden dann in diesen Zielgruppen, konkretere Gruppen herausgearbeitet, bei der die Jugend den letztendlichen Favorit darstellte. Somit war klar, dass ein Format für und mit Jugendlichen als nächstes initiiert werden sollte: eine Jugendkonferenz. Im Rahmen der Planungskonferenz entstand auch der jetzige Name des Gesamtprojekts. Für die Namensfindung wurde gemeinsam mit den Jugendlichen ein Prozess durchlaufen, an dessen Ende die Einigung für diesen starken Namen stand:
Bergkamen for all.

Für die Menschen. Mit den Menschen.

Das Für und Mit ist ein weiterer Faktor für den Erfolg des Integrationsmanagements. Auch bei der Beteiligung der Jugendlichen wurden keine Grenzen gesetzt. Vielmehr wurde die Steuerungsgruppe zu Dienstleistern für die jungen Menschen, die unterstützt und empowert. Eine nächste Erfolgsstory – aber dazu mehr auf Seite 14.

Die Steuerungsgruppe, die heute das Bergkamen for all-Team ist, hat viele Praktiken im Kleinen gelebt, die es genauso im Großen braucht. Die Gruppe hat sich nicht nur die oben genannten Ziele gesteckt, sondern direkt nach diesen gehandelt und als Prototyp gezeigt, dass es auch im großen Ganzen gelingen kann, wenn folgendes berücksichtigt wird:

  • Community building first
  • Begegnung auf Augenhöhe
  • Vertrauen in die Gruppe und in den Prozess
  • Fokus auf ein wertschätzendes Miteinander
  • Lösungsorientiertes Denken und Handeln
  • Offenheit für Innovation und Neues
  • Dem Flow gemäß dem Motto „This or something
    better“ folgen – heißt: Alles ist so lange gültig,
    bis etwas Besseres gefunden wird

„Das Netzwerk ist nur so gut, wie die Menschen dahinter. Wenn die Menschen dahinter allerdings richtig gut sind und richtig viel Lust haben, kann das Netzwerk groß werden. Und das, sehen wir, ist in diesem Fall passiert.“

Meike Hornbostel, ISI Institut für soziale Innovation

Ohne dass die Gruppe sich darauf je verständigt hat, war diese Haltung vorherrschend und hat sich durch die Gemeinschaft und das Miteinander weitergetragen. Auch heute ist die Gruppe noch aktiv, fordert sich stetig selbst heraus, überlegt neue Formate, Ideen und Ansätze, die in das große Ganze einzahlen und die Ziele greifbarer machen.

Noch ist Bergkamen for all nicht am Ziel und dennoch viele wesentliche Schritte näher und das innerhalb von vier Jahren, dank all der engagierten Menschen und weiterer, die kommen werden.

Denn auch das Team ist ein Prozess.

  • Ein Prozess, in dem jede:r mal mehr und mal weniger stark involviert ist.
  • Ein Prozess, in dem es Themen gibt, die einen weniger und mehr interessieren.
  • Ein Prozess, der das Engagement jedes einzelnen schätzt und durch die gemeinsame Kraft immer in Bewegung ist.
  • Ein Prozess, der so viele Gesichter und Geschichten hat, sodass es sich lohnt, Ihnen als Leser:innen zumindest einige davon näher zu bringen.
  • Ein Prozess, der Freude macht und diese teilt.

Die Geschichte von Bergkamen for all ist eine Erfolgsstory. Nicht nur durch, sondern gerade wegen des Bergkamen for all-Teams. Der Zusammenhalt, das gemeinsame Aushandeln, Hinterfragen und die Motivation und Freude, die jede:r einzelne eingebracht hat, hat dieses Netzwerk mit all ihren Projekten zu etwas ganz Besonderem werden lassen – etwas, dass die Stadt neu denkt, aktiviert und beteiligt.

Viel Spaß beim Lesen, Lernen und Entdecken!
Viel Spaß bei Ihrem persönlichen Prozess!

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