Politische Teilhabe für alle Mitglieder der Gesellschaft: der Integrationsrat
Ein flexibler Integrationsrat mit einem lebendigen Demokratieverständnis wurde gewünscht und Bergkamen hat ihn bekommen.
Bei einem Treffen im Frühjahr 2020 des Bergkamen for all-Teams mit Christine Busch, Dezernentin für Bildung und Soziales, wurde im Hinblick auf die Kommunalwahlen im September überlegt, wie die parallel stattfindende Wahl des Integrationsrats möglichst zeitgemäß gestaltet werden könnte.
Dabei sollten im Rahmen dieser Wahl vor allem Zielgruppen angesprochen werden, die vorher eher unterrepräsentiert waren: junge Menschen und Frauen. Um dies zu erreichen, sollte die Arbeit des Integrationsrats sichtbarer gemacht und attraktiver gestaltet werden.
Integrations-Was?
Ein Integrationsrat hat die Aufgabe allen Menschen ohne Wahlrecht Gehör zu verschaffen und die Realitäten aller in die Politik einzubringen. Er setzt sich für Chancengleichheit und gleichberechtigte Teilhabe derer ein, die mit Zuwanderungsgeschichte in Deutschland leben. Es geht vor allem um politische Mitsprache und das parteiunabhängig. Kulturelles und gesellschaftliches Zusammenleben spielt ebenso eine große Rolle und wird aktiv durch den Integrationsrat und seine enge Zusammenarbeit mit Stadtratsmitgliedern gefördert. Nicht überall in Deutschland gibt es Integrationsräte, Bergkamen jedoch gründete schon 1995 den sogenannten Ausländerbeirat, der später zum Integrationsrat weiterentwickelt wurde.
Politischen Beitrag leisten, Vielfalt repräsentieren
Um geeignete Personen zu finden, die sich für die Wahl 2020 aufstellen lassen würden, brauchte es Aufklärungsarbeit über die Aufgaben des Rats sowie die Voraussetzungen einer Kandidatur. Denn nur wer mindestens 18 Jahre alt ist, seit mindestens einem Jahr in Deutschland, seit drei Monaten in Bergkamen lebt und das passive Wahlrecht besitzt – das heißt, dass man selbst nicht wählen darf, sich jedoch selbst für ein Amt bewerben kann – kann sich zur Wahl aufstellen lassen.
Die Informationen zur Wahl und Kandidatur gelangten über einen regen Austausch innerhalb des Netzwerks und über dessen Grenzen hinaus zu den Menschen. Eine informative Flyerkampagne unterstützte dabei inhaltlich.
Im Rahmen der Flyeraktion wurde auch darauf aufmerksam gemacht, welchen Einfluss die Mitglieder in ihrer Arbeit in diesem Gremium nehmen können. Denn der Integrationsrat hat die Aufgabe, sich bei politischen Entscheidungen einzubringen und allen Menschen eine Stimme zu geben, die bislang nur eine Duldung oder keine Anerkennung als Schutzberechtigte haben. Als Mitglied dieses Gremiums vertritt man die ganze Vielfalt in Bergkamen.
Außerdem wurden Ideen gesammelt, wie die Kandidatur für den Integrationsrat besonders attraktiv gemacht werden könne. Dabei stand im Vordergrund, das Gruppengefühl selbst zu stärken – unter anderem durch die Unterstützergruppe, die sich aus Teilnehmern des Bergkamen for all-Teams zusammensetzte und inhaltlich, wie in politischen Fragen helfend zur Seite stehen würde.
Suche nach Kandidat:innen
Im Bergkamen for all-Team und dem gesamten Netzwerk wurde nach geeigneten Kandidat:innen Ausschau gehalten. Ein Lehrer schlug drei engagierte Schülerinnen vor: Elif Bicak, Xenia Ly Schulz und Sarah Hüsing. Außerdem meldeten sich Leyla Azimi und der Vorsitzende der DITIB Moscheegemeinde Oberaden Zekeriya Kalabalik. Die Kandidatinnen und der Kandidat schlossen sich zu einer Liste mit dem Namen „Vielfalt ist unsere Stärke“ zusammen. Elena Volkova ließ sich zudem als Einzelkandidatin aufstellen. Anders als es sonst üblich, arbeiteten die Liste und die Einzelkandidatin von Beginn an gemeinsam zusammen. Unter dem Slogan: „Deine Stimme für Vielfalt in Bergkamen!“ wurde eine gemeinsame Werbekampagne initiiert und auch in der weiteren Arbeit das Miteinander in den Fokus gerückt.
Wählen lassen und loslegen
Gewählt werden konnten die Kandidat:innen von Personen, die eine ausländische Staatsbürgerschaft besitzen, die durch Einbürgerung die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten haben sowie Menschen, die die deutsche Staatsbürgerschaft dadurch erworben haben, dass ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt ein Deutschland hat sowie ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt.
Am Tag der Wahl wurden alle sechs Kandidat:innen in den Integrationsrat gewählt und konnten ihre Arbeit gemeinsam aufnehmen. Das Themenspektrum ist breit gefächert und deckt von Cybermobbing über Antidiskriminierung bis zum Dialog zwischen Jung und Alt zahlreiche Aspekte des gesellschaftlichen Lebens ab. Regelmäßig finden seit der Wahl interne und öffentliche Treffen statt, bei denen gemeinsam über die Zukunft und Vielfalt Bergkamens diskutiert wird und Projekte initiiert werden.
Erfolge feiern
So konnten auch schon erste Erfolge gefeiert werden: Zuerst einmal natürlich der Erfolg des Integrationsrates selbst, wofür die Kandidat:innen und Unterstützer:innen sich für einen feierlichen Auftakt trafen und gemeinsam erste Ideen und Visionen der weiteren Arbeit entwarfen.
Daneben wurden erste Ideen direkt in die Tat umgesetzt: Beispielsweise wurden während der Pandemie in der Moschee diverse Veranstaltungen zu den Themen Impfen und Gesundheit initiiert, über die auch in der Presse berichtet wurde.
Bergkamens Stimme für Vielfalt war schon immer da und ist mit dem Integrationsrat nun doch nochmal um einiges sichtbarer geworden. Dank viel Engagement und Unterstützung, die bis heute währt.
Der Integrationsrat ist diverser geworden, jünger und weiblicher. Zudem trägt er eine klare Botschaft nach außen: Vielfalt ist unsere Stärke!